cover Aliou Löwenherz und Mansa Moussa. Eine Erzählung aus dem alten Timbuktu

Eine Erzählung aus dem alten Timbuktu

Saratah Keita

Aliou und sein bester Freund Malik leben ein ganz normales Jungen-Leben im Timbuktu des 14. Jahrhunderts. Dann kündigt sich Mansa Moussa, Herrscher des großen Mali-Reiches, mit dem prächtigsten Pilgerzug aller Zeiten an – und ihre Welt steht Kopf.

Die beiden Freunde lassen uns am Alltag jener Zeit teilhaben, in der Timbuktu zum mächtigsten Handels- und Wissenszentrum der Sahara aufstieg und Mansa Moussa der reichste Mann der Welt war.

Ausführliche Fußnoten unterstützen das Verständnis des Textes.

* empfohlen für Leser*innen ab 9 Jahren
* Broschüre, 110 Seiten
* mit Bleistiftzeichnungen zum Ausmalen nach Wunsch

Leseprobe

Am nächsten Morgen waren weder der Muezzin noch der Hahn zu hören. Denn kaum, dass die Sonne orange hinter Dünen und Felsen aufgegangen war, dröhnten die Nachrichtentrommeln wieder vom Fluss herüber. Sie übertönten alles. Aliou brauchte gar nicht großartig die Ohren zu spitzen:

Mansa Moussas Vorhut kommt
zu dir, Timbuktu
sie kommt vom Westen
über den Ghir n-igheren
aus Djenne, der reichen Handelsstadt.
Sie kommt im Boot
schnell wie ein Delphin
und stark wie das Zauberflusspferd.

‚Das ging aber flott‘, dachte Aliou und sprang auf. Delphin? Zauberflusspferd? Davon erzählten die Bozo-Fischer manchmal. Seine Fantasie begann zu kochen. Flink zog er sich an und putzte die Zähne.
Seine Eltern waren schon mit den Bediensteten an der Arbeit: Teppiche ausklopfen, aus allen Zimmern Sand hinaus kehren, Mist zusammenkarren, Wasser aus dem Brunnen ziehen, in Vorratsbecken und Kalebassen1 schütten, Feuerholz in die Küche tragen, Hirse stampfen, und so weiter und so fort.
„Nna2, lass mich zum Hafen3 hinunter“, bettelte Aliou, „ich kann doch nicht in der Madrasa Mathematik pauken, wenn Mansa Moussa kommt!“
Bama4 Saratah blieb unerbittlich. „Was soll das werden, wenn du wegen jeden Bootes den Unterricht schwänzt?“ Streng schüttelte sie den Kopf.
So machte sich Aliou lustlos zur Schule auf. Zwischen Eselskarren, Vogelkäfigen und Tonkrügen schlenkerte er dahin. Wenigstens traf er unterwegs auf Domanding, dem es mit seiner Mutter ähnlich ergangen war. „Hast du die Trommeln gehört?“ rief er ihm schon von Weitem zu. „Ja, und weißt du, was meine Marab5 sagt? Die Boote sind aus purem Gold!“ „Boote aus purem Gold? Also das halte ich jetzt doch für übertrieben. Wie soll denn Gold schwimmen?!“ Domanding kratzte sich den Kopf. Das ging wohl wirklich nicht. Da hatte ihn seine Marab mal wieder auf den Arm genommen.
Von Konzentration konnte im Unterricht keine Rede sein. Nicht einmal dem Lehrer gelang es, seine Anspannung zu verbergen. Der Imam, gleichzeitig Schuldirektor, ließ sich gar nicht erst blicken. Stattdessen hörte man ihn draußen die Handwerker anschreien: „Dass ihr mir die Lehmziegel6 am Minarett7 bloß ordentlich ausbessert! Der Schaitan8 plage euch allesamt, noch bevor der Mansa eintrifft und drei Ewigkeiten danach!“

1 Kalebasse: Aufbewahrungsgefäß für Flüssigkeiten, hergestellt aus dem Flaschenhalskürbis
2 Nna (mandinka): Mama, als Anrede
3 Hafen Timbuktus: Als Handelsstadt lag Timbuktu ursprünglich direkt am Fluss Ghir n-igheren (Niger) und hatte einen Hafen. Doch schon zu Zeiten unserer Erzählung hatte der Fluss seinen Lauf geändert und floss ca. 10 km südlich. Timbuktu baute einen Kanal bis zur Stadtmauer, der mit einem Hafenbecken endete. Unten am Fluss entwickelte sich ein Dorf, in dem Fischer*innen lebten und Familien, die den Waren- und Menschentransport zwischen Fluss und Stadt organisierten.
4 Bama (mandinka): Mutter
5 Marab (arabisch): Erzieher*in, Kinderfrau
6 LehmziegelMoscheen: Alle mittelalterlichen Moscheen entlang des Ghir n-igheren (Niger) sind aus Lehmziegeln gebaut. In Timbuktu sind drei erhalten. Sie gehören zum Weltkulturerbe. In Djenne, einer anderen Handelsstadt des Mali-Reiches, steht bis heute die größte Lehmziegel-Moschee der Welt.
7 Minarett (arabisch): Turm einer Moschee, von dem der Muezzin zum Gebet ruft
8 Schaitan oder Iblis (arabisch): im Islam und den arabischen Märchen ein Engel, der zwar Gott ehrt, aber dessen Menschengeschöpfe nicht würdigen will. Um Gott zu beweisen, dass die Menschen schlecht sind, wird er zu deren Feind und versucht sie, zu schlechten Handlungen zu bewegen.

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